Gelebte Erinnerung oder wie der Tod im Leben steht
1. Dezember 2023
Liebevolle Gedenkfeier. Es ist November 2023, kurz vor Allerheiligen. Ich bin als Trauerrednerin eingeladen, in einem kleinen, familiären Seniorenzentrum nahe Überlingen, eine Gedenkfeier für die in diesem Jahr verstorbenen Bewohner*innen, deren Angehörige und die Mitarbeitenden des Hauses zu halten und zu gestalten. Nun stehe ich direkt vor dem in 2020 eröffneten Haus. Ich habe ein Vorbereitungs- und Kennenlerngespräch mit der Einrichtungsleitung. Die elektrisch betriebene Schiebetür öffnet sich und ich stehe im Eingangsbereich, in einer Art Transitraum, ca. zwei Meter vor mir eine weitere Schiebetür. Dahinter liegt der wohnliche, offene Flur der Einrichtung, der dann in andere Wohnbereiche mündet, und die Büros der Verwaltung.
Ein Erinnerungsaltar
Ich halte instinktiv inne, bleibe stehen und verweile in diesem ZwischenRaum, werde ruhig. Mein Blick, der Blick jedes Eintretenden, fällt auf einen kleinen, dem Raum seine besondere Atmosphäre verleihenden Aufbau an der rechten Seite des Raumes. Ich trete näher und blicke auf einen kleinen, einfach und liebevoll gestalteten Holzsekretär, inklusive zart bestücktem Wandschränkchen. Es handelt sich tatsächlich um einen ErinnerungsAltar, eine GedenkStelle genau für die Menschen, die Verstorbenen, für die ich einige Tage später die Feier halten werde. Umsäumt von federleicht tänzelnden Engeln, die von einem großen Naturholzast herabhängen, einer großen Kerze, die immer dann entzündet wird und leuchtet, wenn jemand verstorben ist. Hoffungsvolle Worte, tröstende Sprüche rahmen den Altar ein.
Auf dem Altar liegt das ganze Jahr über ein Gedenkbuch, ähnlich einem Poesiealbum. In dem Lesende Fotos, Skizzen, Gedanken, Gemälde, Sterbeanzeigen finden, die den Menschen, den Verstorbenen gelten, und das mir unter anderem als Basis für die Vorbereitung der Feier dient. Das nenne ich gelebte Erinnerung! Der Tod lebt ständig, zart, gleichermaßen vehement, direkt und unmittelbar im Alltag der Bewohner*innen, und auch Besucher*innen laufen immer wieder automatisch, bewusst oder unbewusst, an ihm vorbei, ob sie wollen oder nicht. Das Sterben ist so fassbar, nahbar gemacht, ist betrachtet als natürlicher Teil des Lebens …. Das gefällt mir!
Liebevolle Gedenkfeier
Sterben und Tod, Trauer und Schmerz, Verlust und Abschied sind und bleiben essenzieller Teil unseres Menschseins. Im Rahmen der Gedenkfeier haben wir dem Tod Leichtigkeit und Wärme gegenüber, das Sterben ins Leben gebracht und das Gestern, das Heute und das Morgen verknüpft. Wir haben also auf gelungene Art und Weise „gelebte Erinnerung“ gefeiert. Ganz im Sinne dessen, wie es durch diese kleine und wichtige ErinnerungsStelle im Eingang täglich, beiläufig und in den Alltag integriert erlebt und praktiziert wird.
Hier finden Sie weitere Informationen über mich und meine Arbeit https://www.patriarca-erinnerung.de/
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