Phasen der Trauer

Der Platz zu meiner Rechten… bleibt leer – wenn ein Angehöriger stirbt und eine Lücke hinterlässt

9. Dezember 2024

Bereits um den Zeitpunkt der Geburt ist das einzig Sichere im Leben, dass wir sterben werden! Dieser Tatsache begegnen wir Menschen oft ungern, klammern sie aus und verdrängen sie, bis es irgendwann zu einem Todesfall im engen Familienkreis kommt. Sterben und Tod, Trauer und Schmerz, Verlust und Abschied sind essenzieller Teil unseres Menschseins. Doch was, wenn es sich dabei um das eigene (ungeborene) Kind handelt oder Mama/ Papa plötzlich nicht mehr da sind?

Gerade mit unseren Eltern hatten wir oft die längste Beziehung in unserem Leben, bei Müttern wird das zweite Mal die Nabelschnur gekappt. Durch den Tod eines Elternteils wird ein Stück der Kindheit mit begraben, und Kinder rücken an eine neue Stelle, haben neue Rollen im Familiensystem inne, in die sie hineinwachsen müssen.

Vergessen wir die Vorstellung davon, dass nach dem „ersten Trauerjahr“ alles wieder gut ist. Die Trauer um ein Kind oder Elternteil wird Angehörige ihr Leben lang begleiten. Haben wir Verständnis dafür, dass das Leben der Hinterbliebenen sich verändert und sie sich durch das Erlebte auch selbst verändern werden.

Fünf Phasen der Trauer über einen Verlust

(nach Elisabeth Kübler-Ross, 1986 – 2004, Psychiaterin und Sterbeforscherin)
Wie lange bzw. wie intensiv diese Phasen andauern, hängt individuell davon ab, wie alt der Mensch ist, welche Vorerfahrungen im Hinblick auf Verluste bereits erlebt wurden, auf welche Art der Verlust eintrat, von der Resilienzfähigkeit, und davon, ob es ein Netzwerk unterstützender Menschen gibt.

Phase 1: Verleugnung

Die Realität des Verlusts wird nicht akzeptiert. Betroffene leugnen oft, dass der Verlust wirklich geschehen ist oder versuchen, die Realität zu verzerren, um den Schmerz zu mildern. Bedürfnisse in der Trauer ändern sich in dieser Phase sehr schnell. Vielleicht war gerade noch der Wunsch nach Besuch oder Gespräch da, plötzlich möchte der Mensch lieber allein sein.

Für Erwachsene gilt es, möglichst behutsam, authentisch und ehrlich zu Kindern zu sein, damit kommen sie am besten zurecht. Sagen Sie, wenn sie überfordert sind, nicht wissen, was sie sagen oder tun sollen, keine Ahnung haben, wie es eitergeht. Führen Sie einen Dialog mit ihrem Kind über seine Sicht auf das Leben, den Tod und die Trauer. Je nachdem wie alt das Kind ist, ist sein Zugang zur geistigen Welt natürlich und wenig angstbehaftet.

Erklären Sie Kindern die Bedeutung von Grab, Friedhof und Bestattungszeremonie. Gemeinsame Rituale stärken und stabilisieren das Kind innerlich. Nennen Sie Verstorbene immer beim Namen, wenn von ihm gesprochen wird, nicht verschlüsselt oder in Form eines Ereignisses oder Schicksalsschlags.

Phase 2: Wut

Nach der Verleugnung tritt oft Wut auf. Betroffene sind wütend auf sich selbst, andere, den Verlust an sich oder sogar auf höhere Mächte. Diese Wut kann sich gegen alles richten, was mit dem Verlust in Verbindung steht. Es ist wichtig, Trauernden diese Wut und damit einhergehende Gedanken nicht abzusprechen Es ist ratsam, Worte und Verhaltensweisen nicht persönlich zu nehmen oder mit ähnlicher Wut und Abwehr zu reagieren.

Phase 3: Verhandlung

In dieser Phase versuchen Menschen oft mit ihrem Schmerz zu handeln. Sie versuchen mit Gott und dem Universum zu verhandeln, um den Verlust irgendwie rückgängig oder ungeschehen zu machen. Dies kann in Form von Versprechungen, Gebeten oder Verhandlungen auftreten. Der Tod eines geliebten Menschen konfrontiert uns unweigerlich mit unserer Angst vor dem Tod. Diese Konfrontation kann tiefsitzende Ängste auslösen oder ein schlechtes Gewissen. Schließlich sind es nicht wir, die ihm entgegentreten müssen.

Phase 4: Depression

Die vierte Phase beinhaltet oft eine tiefe Traurigkeit oder Depression über den Verlust. Betroffene ziehen sich zurück, fühlen sich hoffnungslos oder leer und haben Schwierigkeiten, Freude zu empfinden. Es ist angebracht, Menschen trauern zu lassen in der ihnen eigenen individuellen Art und Ausprägung.

„Wenn du traurig bist, schau wieder in dein Herz, und du wirst sehen, dass du in Wahrheit um das weinst, was deine Freude war. “ (Khalil Gibran)

Dieses Zitat betont die untrennbare Verbindung zwischen Freude und Traurigkeit. Oft betrachten wir diese beiden Emotionen als gegensätzlich, in Wirklichkeit bedingen sie einander. Ohne Traurigkeit können wir keine wahre Freude empfinden, ohne Freude können wir nicht verstehen, wie es ist, traurig zu sein. Freude und Traurigkeit helfen uns, Höhen und Tiefen des Lebens zu schätzen. Ohne Traurigkeit wäre die Freude nicht so tief und bedeutungsvoll, ohne Freude könnten wir die Traurigkeit nicht überwinden. Insgesamt ist es wichtig, sowohl Freude als auch Traurigkeit anzunehmen, zu integrieren und zu erfahren, da sie beide wichtige Gefühls- und Daseinszustände in unserem Leben spielen. Sie sind zwei Seiten derselben Medaille des Lebens und ermöglichen es uns, das Leben in all seinen Facetten zu verstehen und zu schätzen. Berührungen und Körperkontakt können heilsam sein. Wenn Sie sich unsicher sind, fragen Sie einfach nach, bieten eine Umarmung oder das Handauflegen an.

Phase 5: Akzeptanz

Menschen beginnen, den Verlust zu akzeptieren und sich an eine Welt anzupassen, in der der verstorbene Familienangehörige nicht mehr existiert. Dies bedeutet nicht unbedingt, dass der Schmerz verschwunden ist, sondern vielmehr, dass der Mensch Wege, Möglichkeiten und Strategien in sich gefunden hat, die ihn dazu befähigen, mit dem Verlust zu leben, den Schmerz ins Leben zu integrieren, nach vorne zu schauen und etwas Neues aufzubauen. Die beiden mächtigsten Mittel gegen das Vergessen sind Erinnern und Zuhören. Welches ist das liebste Erinnerungsstück an den verlorenen Menschen? Was verbindet uns im Innern mit ihm, über Zeit und Raum hinaus? Es ist sinnvoll und wichtig, immer wieder über das verstorbene Familienmitglied zu sprechen, sich gegenseitig von Erlebtem zu erzählen, Geschichten zu teilen und empathisch hinzuhören, wert- und urteilsfrei.

„Das letzte Wort“ aus einem Gespräch mit einem Elternpaar, das sein Kind verloren hat: „Was hat euch euer Sohn dagelassen?“ „Uns, er hat uns da gelassen… und unsere Liebe, unsere Liebe ist noch stärker geworden. Er hat uns die Aufgabe hinterlassen, sie zu pflegen, sie gedeihen zu lassen und an ihr zu wachsen!“ So bleibt „der Platz zur Rechten leer“, gleichwohl voller Andenken, Wert und Mission!


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