Rituale für die Trauerkultur

Warum Rituale eine Bereicherung für die Bestattungs- Friedhofs- und Trauerkultur sind

21. Dezember 2023

Die Ritual-Boxen der EndlichkeitsWerkstatt

von Marlene Lippok

Rituale gibt es schon sehr lange. Sie fungieren als Marker, die anzeigen, dass gerade etwas Besonderes passiert. Sie heben diese Momente aus dem Alltag hervor und helfen uns, sie bewusst zu erleben. Über diese Zeigerfunktion hinaus haben Rituale weitere wichtige Funktionen. Zum Beispiel transportieren Sie einen übergeordneten Sinngehalt. Durch sie können Emotionen ausgedrückt und kanalisiert werden. Dabei wirken sie sowohl identitätsstiftend als auch gemeinschaftsbildend. Rituale schaffen Verbindungen, sie geben Halt und Struktur. Dadurch verleihen sie uns Handlungssicherheit.

Rituale am Lebensende

Auch der Tod eines Menschen ist etwas Besonderes und all diese Ritual-Funktionen können uns helfen, einen Abschied und unseren Trauerprozess zu gestalten. Aus diesem Grund wird das Geschehen rund um Sterben, Tod und Trauer seit jeher durch Rituale begleitet. Eine zentrale Rolle nimmt dabei die Beerdigung samt Leichenschmaus ein. Aber auch vor und nach diesem Termin können viele weitere Rituale stattfinden.

In der Zeit zwischen dem Eintritt des Todes und der Bestattung kann die Abschiednahme von der verstorbenen Person, die Beteiligung an der Waschung der verstorbenen Person, die Aufbahrung, das Halten einer Totenwache, die (kreative) Gestaltung der Trauerfeier oder das Anlegen und zukünftige Tragen von Trauerkleidung rituell gestaltet werden. Diese Rituale helfen Hinterbliebenen, den Verlust zu begreifen. Indem sie der verstorbenen Person begegnen oder selbst (kreativ) aktiv werden, können sie die Bewegungslosigkeit des ersten Schocks leichter überwinden. Zusätzlich können sie Selbstwirksamkeit erfahren und so Ohnmachtsgefühle verringern.

Nach der Bestattung gibt es verschiedene Tage, die durch Erinnerungs- und Trauerrituale bewusst gestaltet werden können. Das sind zum Beispiel der Geburts- und Todestag einer verstorbenen Person, verschiedene Feste oder Feiern, bei der eine Person fehlt oder auch Feiertage wie zum Beispiel Allerheiligen. Hier liegt der Fokus darauf, die eigenen Erinnerungen und die Trauer zu gestalten, ihr Raum zu geben, sie zu teilen.

Vom Rückgang der Rituale

Obwohl Rituale so viele wichtige Funktionen haben und den Hinterbliebenen helfen können, ihren Abschied und ihre Trauer zu (er)leben, werden immer weniger Rituale durchgeführt. Immer mehr Verstorbene sind auf den letzten Schritten ihrer Reise alleine. Immer weniger Menschen nehmen von ihren Verstorbenen Abschied. Viele Bestatter*innen versuchen erst gar nicht, dies zu ermöglichen. Gleichzeitig finden auch immer mehr Bestattungen im kleinen Kreis oder gleich anonym statt. Auch an anderen Feier- oder Festtagen kommen weniger Menschen zusammen, oder sie werden gar nicht mehr gemeinschaftlich zelebriert. Damit werden auch die für den Abschied und Trauerprozess so wichtigen Funktionen der Rituale nicht mehr erfüllt. Es entsteht ein Defizit. Die Last der Trauer wird schwerer, Trauer immer mehr zur Privatsache, Trauernde isoliert.

Rituale bewusst gestalten

Um diesem Prozess entgegenzuwirken braucht es ein Bewusstwerden der Problematik und ein Umdenken – der Gesellschaft, der professionellen Akteur*innen und der Menschen an sich. Wir müssen uns der Frage stellen, wie eine zeitgemäße Trauerkultur gestaltet und gelebt werden kann. Dabei muss nicht zwingend auf altbekannte Rituale zurückgegriffen werden. Rituale können auch selbst erdacht und durchgeführt werden. Dann passen sie meist genau zur verstorbenen Person und ihren Angehörigen. Manchmal sind es auch nur ganz kleine Handlungen, die einen Moment als einen besonderen Moment markieren. Trotzdem können sich durch sie die positiven Funktionen der Rituale entfalten. Seid gerne mutig und gestaltet eure Rituale!

Die Ritual-Boxen der EndlichkeitsWerkstatt sind ein kleiner Impuls in diese Richtung. Sie sind ein Angebot, selbst eine Gemeinschaft zu bilden und Rituale durchzuführen. Sie sollen Menschen motivieren und inspirieren, ihren Abschied und ihren Trauerprozess zu gestalten. Die kreativen Impulse sind so gewählt, dass sie auch ohne Vorkenntnisse durchgeführt werden können. Mit der Ritual-Box Bleibende Erinnerungen können durch das Malen von Erinnerungssteinen bleibende Erinnerungen geschaffen und die Spuren, die die verstorbene Person hinterlassen hat, sichtbar gemacht werden. Und mit der Ritual-Box Wehende Erinnerungen können Bänder beschriftet und so Nachrichten an die verstorbene Person geschickt werden. Die Ritual-Boxen finden Sie auf meiner Homepage unter www.endlichkeitswerkstatt.de oder in meinem Etsy-Shop (EndlichkeitsWerk).

Marlene Lippok ist Kulturwissenschaftlerin, Trauerbegleiterin und Gründerin der EndlichkeitsWerkstatt.

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